Chronik der Gemeinde Woringen

Unser Heimatdorf Woringen liegt am Fuß des Kellerberges im Memminger Trockental. Wenn man das schöne Ortsbild genießt, fragt man sich vielleicht als interessierter Heimatkundler: Wie hat es hier wohl vor 1.000 oder gar vor 10.000 Jahren ausgesehen? Wann wurde der Ort wohl zum ersten Male besiedelt?

Machen wir einmal eine Rückblende um ca. 12000 Jahre. Mit dem endgültigen Rückzug der Gletscher aus dem Voralpengebiet (ca. 10000 v. Chr.) und der damit einhergehenden Klimaverbesserung beginnt gleichsam die Siedlungsgeschichte unserer Heimat. Mit Sicherheit haben sich bereits während der vorhergehenden Zwischeneiszeiten altsteinzeitliche Jäger und Sammler aus den eisfreien Gebieten Oberschwabens bei ihren sommerlichen Beutezügen auf den weiten Schotterflächen des Illertales südwärts gegen die Alpen gewagt.

Die Spuren derartiger Wanderzüge wurden durch die verschiedenen Eisvorstöße weitgehend vernichtet oder zumindest verwischt. In der Mittelsteinzeit (10000 v. Chr.) lässt sich die Gegenwart von Menschen in unserer näheren Heimat durch die Funde von zahlreichen Steingeräten belegen. So wurden z.B. in Zell, Trunkelsberg, Heimertingen und Lautrach verschiedene Steinwerkzeuge, Klingen, Schaber und Stein-Pfeilspitzen gefunden. Auch die Gruben, die sich reihenförmig über die Felder von Wolfertschwenden über Darast zu den Woringer Bahnhof-Einöden hinziehen, können möglicherweise als Wohngruben der Steinzeitmenschen bezeichnet werden. Ihrem Ausmaß nach müssen sie Platz für eine ganze Sippe geboten haben.

Aus der Jungsteinzeit (4000-1800 v. Chr.) sind im Unterallgäu zwei Siedlungen bekannt: bei Buxheim und bei Dirlewang. Zahlreiche Einzelfunde, z.B. geschliffene Steinbeile, Steindolche und -klingen deuten auf eine systematische Durchdringung unserer Heimat gegen Ende der Jungsteinzeit hin. Vegetationsgeschichtlich lässt sich um 3000 v. Chr. eine große Wende feststellen: Die Wälder weichen langsam dem Acker- und Weideland. Diese Veränderung konnte anhand von Pollendiagrammen nachgewiesen werden. Während der Bronzezeit (1800-1200 v. Chr.) dringt der Mensch zunehmend in die südliche Moränenlandschaft vor. Das gesamte Unterallgäu kann als besiedeltes Gebiet betrachtet werden.

Im April 1960 fand der damalige Bürgermeister Kaspar Karrer beim Eggen auf seinem Feld ein abgebrochenes Vollgriffschwert aus Bronze. Es ist 32 cm lang und befindet sich jetzt im städtischen Museum in Memmingen. Vom Landesamt für Denkmalpflege, Abteilung Vor-und Frühgeschichte wurde es auf 1500 v. Chr. datiert. Neben vielen weiteren Einzelfunden ist uns auch ein frühbronzezeitlicher Hortfund aus Ittelsburg bekannt. Dort wurde 1951 am Falken Bronzewerkzeug und Restmaterial vom Bronzeguß im Gesamtgewicht von 24,6 kg gefunden.

Der Bronzezeit schließt sich die Urnenfelderzeit (1200-800 v. Chr.) an. Funde aus dieser Zeit wurden in Woringen bisher nicht gemacht. In der Hallstattzeit (800-500 v. Chr.) findet der neue Werkstoff  Eisen seine erste große Anwendung. Die Bezeichnung Hallstatt kommt von dem Ort Hallstatt im Salzkammergut in Österreich, wo 1824 ein Gräberfeld entdeckt und etwa 2000 Gräber ausgegraben und untersucht wurden. Wie schon in der Urnenfelderzeit wurden auch in der älteren Hallstattzeit die Toten verbrannt und die Asche in Urnen beigesetzt. In der jüngeren Hallstattzeit war jedoch die Körperbestattung vorherrschend.

Auch der nördlich von Woringen gelegene keltische Grabhügel stammt aus diesem Zeitabschnitt. Ob das Grab ein Urnengrab oder ein Grab mit Körperbestattung war, ist nicht festgestellt worden. Der Größe nach ist es durchaus denkbar, dass es sich um ein Fürstengrab handelt. Der Grabhügel wurde 1968 untersucht und dabei anhand der verschiedenen Bodenschichten der Beweis erbracht, dass der Hügel künstlich aufgeschüttet ist. Er war einst ein Vielfaches höher als jetzt; durch Wind, Regen und Jahrhunderte langes Pflügen wurde er immer flacher.

Im Inneren des aufgeschütteten Grabhügels lag einst die hölzerne Grabkammer, in der die Toten, bzw. die Urnen bestattet wurden. Die Kammer, die auf den gewachsenen Boden aufgesetzt und nicht eingegraben war, wurde aus Holzbohlen in Blocktechnik errichtet. Die Größe reichte von 2,40 bis 5 m im Quadrat.

Bei der Körperbestattung stand an der NW-Seite ein 4-rädriger Wagen, auf dem der Tote lag. In kleineren Kammern wurde der Wagen aus Platzmangel nur symbolisch angedeutet, indem man Teile des Pferdegeschirrs ablegte. An der Ostwand waren die Vorratsgefäße aufgereiht. Sie dienten der Aufnahme von Nahrungsmitteln für die Reise des Verstorbenen ins Jenseits.

Je nach Geschlecht wurden Waffen oder Schmuck beigelegt, aus Keramik oder Metall. Nachdem die Begräbnisstätte so ausgestattet war, wurde die Holzkammer mit Erde überschüttet. In der La Tène-Zeit - vom Ende der Hallstattzeit bis 15 v. Chr. - errangen die Kelten eine gewisse Vorherrschaft in Europa. Das seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesene Volk betrieb Ackerbau und Viehzucht. Wegen räuberischer

Übergriffe benachbarter Stämme baute man Erdburgen, d.h. Erdbefestigungsanlagen mit Wall und Graben als Zufluchtstätte. Überreste einer solchen keltischen Fliehburg finden wir in Woringen auf dem Burgösch. Wie auf dem dort stehenden Gedenkstein zu lesen ist, entstand sie rund 300 Jahre vor Christi Geburt. Anderen Quellen zufolge ist sie jedoch schon um 600 v. Chr. entstanden. Diese Anlage erstreckt sich fast 750 m nach Süden und ist durch fünf verschieden hohe, quer verlaufende Erdwälle bestimmt. Dies ist das sog. "Burgösch". Der erste Graben von Norden, und vermutlich auch der zweite, dürfte später dann auch noch zur Vorburg der mittelalterlichen Burg gehört haben. Trotz dieser Befestigungsanlagen gelang es den Kelten nicht, sich gegen die aus dem unruhigen Norden vordringenden germanischen Stämme zu behaupten. Als auch noch die Römer unter Tiberius und Drusus, Stiefsöhnen des Kaisers Augustus, im Sommer des Jahres 15 v. Chr. das Land zwischen Alpen und Donau, später auch noch darüber hinaus, mit brutaler Waffengewalt unterjochten, erstarb eine ganze Kultur. Ein Überbleibsel aus der Keltenzeit ist das noch heute gebräuchliche Funkenfeuer, sowie der Name der Iller aus dem keltischen Wort Illera.

Das Allgäu wurde ein Teil der neu gegründeten römischen Provinz Rätien. Die siegreichen Römer brachten Kolonisten aus Italien mit ins Land und legten zur Sicherung ihrer Herrschaft Siedlungen und wohlausgebaute Straßen an. Durch die Woringer Flur führte eine Römerstraße von Kempten (Cambodunum) über Memmingen nach Kellmünz und weiter an die Donau. Die Straßen waren durch Wachtürme, die etwa 3 1/2 km voneinander entfernt lagen, gesichert. Diese Burgi waren quadratische Steintürme und maßen ungefähr 11 x 11 Meter. Sie standen auf natürlichen oder künstlich aufgeschütteten Bergkegeln, um die Straße und das Land weit überblicken zu können.

An der Stelle des Schlößle, das auf den Grundmauer der Unteren Burg Woringen erbaut ist, und das nach allen Seiten 10,6 Meter misst, hat vielleicht ein römischer Burgus gestanden. Die nächsten römischen Wachtürme standen beim Dickenreis und in Memmingen an der Stelle, an der heute die Martinskirche steht. Auch Funde aus Woringen beweisen die Anwesenheit der Römer in dem damals noch gar nicht vorhandenen Dorf. Im Garten nördlich der Kirche wurde eine Menge römischer Ziegelstücke gefunden; Gerhard Honold entdeckte1963 unterhalb des Burgösch eine römische Kupfermünze. Sie trägt das Profilbild des Kaisers Domitian (81-96 n. Chr.) und wurde 86 n. Chr. in Rom geprägt. Des weiteren fand man Tuffsteine eines römischen Burgus unten in der Mauer der ehemaligen Martinskirche am heutigen Friedhof und ein Turmkreuz aus Tuff.

Vier Jahrhunderte beherrschten die Römer das Land. Unter all dem, was in jener Zeit aus Rom an geistigen und kulturellen Einflüssen einströmte, wird gewiss auch die Kunde von Jesus Christus und seiner Kirche gewesen sein.

Um das Jahr 400 n. Chr. brach die Römerherrschaft östlich der Iller unter dem Vordringen der Alemannen zusammen und die Römer zogen sich über die Alpen zurück. Die Alemannen sind im 2./3. Jahrhundert aus verschiedenen Volksstämmen zu einem neuen Stamm erwachsen. Hauptstamm waren die Sueben, die Schwaben. Die ersten Siedlungen, die zur Zeit der alemannischen Landnahme entstanden sind, also im 5./6. Jahrhundert, enden meist auf -ingen, wie auch unser Woringen.

Diese Orte liegen im siedlungsgünstigen fruchtbaren Gebiet an Fluss- und Bachläufen, oft auch an oder in der Nähe von Römerstraßen, welche die ankommenden neuen Siedler bei ihrer Einwanderung benutzten. Diese -ingen-Orte sind aus Personennamen entstandene Ortsnamen. Bei uns in Woringen hat sich die Sippe des Worro bei den Ruinen des römischen Burgus angesiedelt. Ein Bach und gute Quellen lieferten das lebenswichtige Wasser.

537 kamen als neue Herren die Franken ins Land, und mit ihnen die ersten christlichen Missionare. Es gab viele Kämpfe gegen die neuen Herren und Widerstand gegen den neuen Glauben. Erst nach ca. 200  Jahren war der Kampfgeist des Allgäu gebrochen und der Siegeszug des Christentums begann. Mönche zogen durchs Land und predigten den Leuten das Evangelium. Um diese Zeit wird auch in dem Dörflein Woringen ein kleines Kirchlein entstanden sein. Der Ort wurde vom Kloster Kempten geistlich betreut.

Im Jahre 948 schenkte der Priester Paldmunt seinem Kloster in Kempten 6 Höfe in Woringen und Puirra mit allem was dazugehört. Mit der Bestätigung dieser Schenkung durch die Urkunde Kaiser Otto I. tritt Woringen erstmals schriftlich ins Licht der Geschichte.

Dass Kemptens Einfluss in Woringen durch diese Schenkung gesteigert wurde, ja sogar zu den bedeutendsten Grundherrschaften des Ortes gehörte, zeigt eine Urkunde von 1417, in der Kempten als Oberlehensherr aller Güter und Niedergerichtsrechte in Woringen ausgewiesen wird.

1167 erhält die Woringer Pfarrkirche vom Abt Isegrim von Ottobeuren Reliqien zum Geschenk. Die ältesten Herren von Woringen, von denen wir wissen, sind ottobeurische Dienstmannen, d.h. niederer  Adel, der vom König eingesetzt wurde, um die Kirchenfürsten nicht zu mächtig werden zu lassen. In Ottobeurer Quellen werden zum Jahr 1176 ein Wernher, Sigeboto, Konrad und Gebhard als Herren von Woringen namentlich erwähnt. Wie lange dieses Geschlecht hier saß, ist nicht bekannt. Nach 1293 erscheint ein großer Teil Woringens als Lehen des Abtes von Kempten bei den Rittern von Rothenstein.

Diese Rothensteiner, die auf der gleichnamigen Burg bei Grönenbach saßen, waren 1 1/2 Jahrhunderte lang die mächtigsten Herren in der Umgebung von Woringen. Sie teilten sich in mehrere Linien, von denen sich eine spätestens seit 1339 "von Rothenstein zu Woringen" nennt. Schon 1323 gab Herzog Leopold von Österreich dem Ritter Konrad von Rothenstein das Burgstall Woringen und dazu noch 3 Mark mit der Bedingung, dass er in Woringen zwei Burgen erbaue, von denen jedoch eine den Herzögen von Österreich gehöre, und nur so lange im Pfandbesitz der Rothensteiner bleiben solle, bis ihnen 520 Mark Silber und die Baukosten ersetzt wurden.

In den Urkunden des späteren 14. Jahrhunderts werden tatsächlich eine obere und eine untere Burg genannt. Die obere Burg lag auf dem Kellerberg, westlich der Kirche, die untere Burg ist das Vogelhaus oder Schlössle, in seiner heutigen Form frühestens aus dem 17. Jahrhundert stammend, eine interessante Wasserburg. In späterer Zeit wurde nur die untere Burg als dauernd bewohnt erwähnt, woraus zu schließen ist, dass man die obere aus Kostengründen verkommen ließ.

Nördlich der Burg entstand der Bauhof, der natürlich in der Folgezeit der größte Hof des Dorfes wurde. Der Meierhof verlor seine Bedeutung. Die ewig geldhungrigen Ritter veräußerten immer mehr Güter an die finanzkräftigen Bürger der Reichsstädte. Ende des 14. Jahrhunderts war Ritter Ulrich von Rothenstein, ein Bruder Konrads, Besitzer Woringens. Er vermachte das Dorf 1409 seinen beiden minderjährigen Neffen Thomas und Ludwig von Rothenstein und deren Schwester Korona, die mit Marschall Haupt von Pappenheim verheiratet war; die eine Hälfte fiel an die beiden Neffen, die andere an Korona. 1415 verkauften die Neffen die Hälfte Woringens an ihre Schwester. Somit verschwanden die Rothensteiner im Mannesstamm aus der Herrschaft Woringens. Aber nur zwei Jahre lang kann der Pappenheimer das Erbgut seiner Frau in Woringen halten. Am 5.10.1417 verkaufen beide um 5000 fl.rh. (Gulden) bar an Rudolf  Möttelin zu Ravensburg und seine Söhne Klaus, Hans und Ruof die obere und untere Feste zu Woringen mit dem Berg und der Hofstatt, d.h. einem unbebauten Hausgrundstück "mit dem Zuig, es sei Kalk, Stein, Sand oder Zimmerholz und mit aller anderen Zugehörde" sowie das Dorf Woringen mit dem Gericht und was dazugehört. Der Hinweis "auf dem Berg mit dem Zuig" usw. bedeutet wohl, dass die obere Burg entweder nicht fertiggestellt oder so verfallen war, dass das Mauerwerk nur noch zu Baumaterial verwendbar schien. Die Urkunde liefert das erste genaue Verzeichnis der Höfe und Sölden und ihrer damaligen Besitzer. An erster Stelle im Kaufbrief steht der Bauhof der Burg Woringen. Dann werden die Bauern mit ihren Höfen und Gütern genannt.Bereits 1423 erscheint nicht mehr Rudolf, sondern Klaus Möttelin, anscheinend der älteste der drei Söhne, als der alleinige Inhaber der Herrschaft. Er ließ den ersten Fischweiher in den Woringer Wäldern anlegen, womit die Erschließung der Wälder begann. 1430 übergab er seinem Sohn Walther zunächst die Burgen und den Bauhof zu Woringen, 1435 erbte er nach des Vaters Tod die ganze Herrschaft. Walther Möttelin starb 1473. Erbin der Herrschaft Woringen war seine Tochter Ursula, zu der Zeit noch ledig. Bald darauf heiratete sie Ritter Doktor Anselm von Eyb. 1177 erscheint sie bereits als Witwe. Eyb starb am 6.1.1477; sein Grabstein steht an der Südwand des Chores der Woringer Kirche. Die teilweise durch Steinfraß zerstörte Inschrift lautet: "Do man zalt 1477 Jar ist Montag an dem heiligen Königstag gestorben der edelgeborene, gelerte Ritter und Doktor Anselm Eyb, dem Gott gnädig sei".Ursula von Eyb heiratete in zweiter Ehe den Ritter Hans von Benzenau auf Kemnat bei Kaufbeuren. Die Herrschaft blieb jedoch bei der Familie Möttelin von Rappenstein. Nach dem Tod Ursulas wurden laut Verkaufsurkunde am 8.2.1516 um 15.250 Gulden veräußert: die zwei Burgställe in Woringen, oben und unten, samt Wassergraben und Bauhof, und das ganze Dorf  Woringen mit Gerichten, Zwingen und Bännen, Gebot, Verbot, Bußen und Strafen; ausgenommen sind die drei stiftskemptischen Höfe: Taferne, Königsbauer und der Widumhof der katholischen Kirche. Käufer ist die Reichsstadt Memmingen, in deren Territorium die Herrschaft somit aufgeht. Die Reichsstadt blieb bis zum Jahre 1547 Besitzer von Woringen. Wenn ein neuer Bauer auf einen der verzeichneten Höfe kam, wurde der Name des Vorgängers im Grundbuch gestrichen und der des neuen Inhabers nachgetragen. Außerdem wurden Bestandsurkunden ausgegeben. Mit Brief und Siegel konnten die Bauern erworbenes Bestandsrecht nachweisen

der Reichsstadt Memmingen und den dazugehörigen Dörfern unter dem evangelischen Prediger und Reformator Dr. Christoph Schappeler die Reformation eingeführt wurde, wurde auch Woringen. evangelisch. Nur die stiftskemptischen Untertanen im Dorf sind katholisch geblieben. Memmingen gehörte zu den "protestierenden Ständen", die den Schmalkaldischen Krieg gegen Kaiser Karl V. (1547) verloren und hohe Geldstrafen entrichten mussten. Um Geld aufzubringen, verkaufte Memmingen das Dorf 1547 um 20.000 Gulden an das Unterhospital.

Die Unterhospitalstiftung - modern ausgedrückt: eine öffentlich rechtliche Körperschaft der Reichsstadt Memmingen - war die bedeutendste und vermögendste der sieben Memminger Stiftungen und entsprang aus dem Spitalkloster "Zum Heiligen Geist" der Kreuzherren. Kreuzherren wurden die Ordensleute deshalb genannt, weil sie auf dem Ärmel ihres schwarzen Habits ein gezipfeltes Doppelkreuz trugen. Gegründet wurde das Kloster 1213 - 15.

Zwei Pfleger und ein Hofmeister verwalteten das Unterhospital und waren von 1547 an die "Obrigkeit" von Woringen. Ein Amtsschreiber führte die Denkbücher, wie die Amtsprotokolle genannt wurden. 1572 wurde das "Große Urbarium" des Memminger Unterhospitals angelegt. Unter der Herrschaft Woringens sind alle Höfe, Halbhöfe und Sölden des Dorfes - mit Ausnahme der kemptischen Güter - verzeichnet. Im Laufe der Zeit wurden auch die Einöde in den Woringer Wäldern vom Unterhospital erworben.

Im 30-jährigen Krieg wütete die Pest grausam in Woringen und nicht einmal 1/10 der Einwohner hat den Krieg und die Pestzeit überlebt. Einwanderer aus der Schweiz und Österreich haben die zum Teil schon verfallenen Höfe wieder hergerichtet. Neues Leben blühte in Dorf und in den Wäldern auf. Laut Steuerregister von 1680 war Woringen das größte memmingerische Dorf mit ansehnlichem Viehbestand.

Am Ende des 17. Jahrhunderts wurden im Dorf 20 Höfe und 27 Halbhöfe und Sölden bewirtschaftet. Daneben gab es die Marienkirche im Oberdorf, eine Brauerei mit Gastwirtschaft, die Schankwirtschaft, die Schmiede, die Sägmühle, die Holzmühle, Badstube, Hirtenhaus und Dorfschule.

Das Fürststift Kempten besaß im Dorf zwei Höfe, das katholische Pfarrhaus und die Kirche St. Martin, die 1806 abgebrochen wurde, das Mesmergütlein und den Zehentstadel. Der ehemalige Widumhof stand nicht mehr. Der Zehentstadel wurde unter Fürstabt Anselm von Reichlin-Meldegg um 1740 errichtet. Am Zehentstadel wurde nur etwa 50 Jahre lang der Zehnte abgegeben. Er kam infolge der Säkularisierung 1803.

durch staatliche Verfügung in Privatbesitz. Im Jahre 1806 wurde die Martinskirche, die katholisch geblieben war, abgebrochen und mit den Steinen wurde das Pfarrhaus in Zell gebaut.

Im Lauf des 18. Jahrhunderts hat sich Woringen bedeutend vergrößert. Besonders Handwerker wie Wagner, Küfer, Strumpfwirker, Schuster, Schneider und Weber siedelten sich an. 1803 war die Reichsstadtzeit zu Ende. Memmingen und seine Dörfer sind dem Kurfürstentum Bayern eingegliedert worden, das am 1.1.1806 entstand. 1808 wurde die Leibeigenschaft aufgehoben. Die Woringer Einwohner waren freie Bürger im Königreich Bayern. Die Bauern lösten vom Unterhospital ihre Höfe ab und waren fortan eigene Herren auf eigenen Höfen. um 1800 führte man in Woringen Hausnummern ein: 1-91 im Ort und 1-11 in den Wäldern. Nach 1805 begann die Vereinödung. Mehrere Bauern brachen ihre Höfe im Dorf ab und erbauten sie neu inmitten ihrer Wiesen und Felder in der Oberen, Unteren und Mittleren Einöde.

1863 wurde die Bahnlinie Memmingen-Kempten eingeweiht und zugleich der Woringen Bahnhof gebaut. 1876 wurde ein neues Schulhaus gebaut und 1907 erstellte die neugegründete Molkereigenossenschaft in der Mitte des Dorfes die Dampfmolkerei. 1914 bekam Woringen elektrischen Strom. Eine neue Epoche, die Neuzeit, begann.

Vieles hat sich im Laufe der über 1000-jährigen Dorfgeschichte verändert. Aber die Wappen der einstigen Besitzer von Woringen haben die Zeiten überdauert. Sie sind ins 1974 verliehene Gemeindewappen aufgenommen. Der Rabe steht als redendes Wappen für die Patrizierfamilie Möttelin zu Rappenstein, die den Raben als Familienzeichen führte. Das Doppelkreuz des Memminger Unterhospitals erinnert an die Grundherrschaft der ehemals freien Reichsstadt und des Unterhospitals. Diese zwei Teile des Wappens symbolisieren die Wurzeln der Woringer Gegenwart.

Wirft man heute vom Kellerberg aus einen Blick hinunter auf das reizende Dörfchen, so kann man Hermann Wolf wohl recht geben, der im 1. Vers seines Gedichtes über Woringen sagt: "A Dörfla leit em Tal so nett, ond loinet sich an Hang. Des isch mei Hoimet, ond I wött, dau sei mei Leaba lang."